Der Ernst des Lebens

1861 ist nun auch für Margarete die Schulzeit zu Ende, wäre sie gesund gewesen hätte sie das Elternhaus verlassen und zu einem Dienstherrn müssen. So aber bleibt sie Zuhause mit Mutter, Vater und Bruder Fritz. Ihre Zukunft ist völlig ungewiss, sie hat keine Berufsausbildung! Sie bringt nur das Nähen mit, was sie gelernt hat und sie hat Zeit, viel Zeit.

"Grete, du bist sehr musikalisch. Du solltest ein Instrument spielen, versuche es mit der Zither, die wird deine Fingerfertigkeit verbessern". sagte Dr. Werner beim Abschied und der Gedanke lässt Margarete nicht mehr los.

"Wer an sich selbst glaubt ist frei"

Im Frühjahr 1861 stirbt der Großvater Bratolomäus Hähnle, ein schwerer Verlust für die ganze Familie, besonders für Margarete die sehr an ihm hing. 
Um sie etwas aufzumuntern und ihr eine Freude zu bereiten, beschließen die Eltern Margarete einen lang ersehnten Herzenswunsch zu erfüllen, sie darf Zither spielen lernen. Sie bekommt die gebrauchte Zither von Tante Ursche (Ursula Hähnle *1826) der unverheirateten, elf Jahre jüngeren Schwester ihrer Mutter.


Zither mit Notenständer


Margarete übt täglich fleißig, nimmt private Stunden bei Musik-Lehrer Sautter, der so seine Rechnungen beim Baugeschäft Steiff abzahlt, so wie es mit Margaretes Vater besprochen war. Der Lehrer war skeptisch und wenig begeistert als ihn Vater Steiff für Grete fragte.
Die Teilnahme an der öffentlichen kostenlosen Musikschule Giengen war nur den männlichen Bürgern möglich. Frauen werden auf das Leben als Hausfrau und Mutter vorbereitet, Schulbildung schien für diese gesellschaftliche Stellung nicht vorgesehen.

Es ist für Margarete nicht ganz leicht aber sie schafft es schließlich mit diszipliniertem Selbststudium (und ihrem Dickkopf), so gut, dass sie selbst Unterricht geben kann (die ersten Schüler Christian & Eugen Link, Gebrüder Link, Orgelbau). Der Zitherunterricht bringt ein paar Kreuzer ein, diese legt Margarete stets in ihren "Sparhafen". Der Unterricht bringt bald mehr als das Nähen ein. Dennoch kann sie nicht immer Zither spielen, es gibt viel zu tun, vor allem wo die beiden Schwestern und deren Arbeitskraft fehlen. 

Die Jahre gehen ins Land
 
1865 im August heiratet Tante Susanna die jüngste Tochter der Hähnle's. Sie zieht mit ihrem Mann Joos in den kleinen, beschaulichen Ort Bergenweiler an der Brenz. Hier verbringt Margarete gern Zeit der Erholung, dennoch sind die Tage mit nähen, flicken und sticken angefüllt.

Im März 1866  kämpfen Österreich und Preußen um die politische Vormachtstellung in Deutschland, auch das Königreich Württemberg ist von diesem Krieg betroffen, kämpft es doch an der Seite Österreichs. Preußen erringt am 3. Juli 1866 in der Schlacht von Königgrätz einen entscheidenden Sieg.

Am 24. Juli 1866, Margarete feiert ihren 19. Geburtstag zieht das württembergische Kontingent in die Schlacht von Tauberbischofsheim und erleidet hohe Verluste. In Frankreich sieht man den preußischen Einfluss auf Deutschland mit Besorgnis.

Margarete hilft nun viel ihrer Patentante Appolonia der Klingelmüllerin beim Nähen, Sticken und Zusammenstellen der Aussteuertruhen für die beiden ältesten Stiefsöhne der Klingelmüllerin, 
Hans und Melchior. 


Es gibt sehr viel Arbeit (das bringt ein wenig Geld ein), so das Margarete manchmal eine Woche nicht nach Hause kommt und bei Tante Apollonia im Haus übernachten muss. Der Spaß kommt auch hier nicht zu kurz, mit ihrer Cousine Marie verbindet sie eine innige Freundschaft. 

1870 heiratet Margaretes Schwester Pauline, Friedrich (Fritz) Röck. Fritz richtet Maschinen bei der Firma Voelter (Papierfabrik) in Heidenheim ein. Er und seine Frau Pauline leben einige Zeit in Österreich und Schweden. In Schweden wird Paulines erstes Kind geboren, das sie aber schon bald danach zu Grabe trägt.

1873 zurück in Deutschland wird Tochter Paula in Meerholz geboren.

Am 26. September 1871 heiratet Anna Maria (Marie) die Cousine von Margarete den Kaufmann Wilhelm Adolph Glatz eine Doppelhochzeit denn auch Hans (Johannes Hähnle) und Lina (geb. Hähnle) heiraten an diesem Tag.

1873 heiratet Margaretes Schwester Marie, Michael Häussler. Sie zogen in die Memminger Torstraße in Giengen und eröffneten dort ein Gemischtwaren-Geschäft. Marie war eine fleißige Geschäftsfrau und nähte nebenher. Der Bau der Eisenbahn ließ das Geschäft mehrere Jahre blühen.

Margarete muss sich von den Schwestern verabschieden, nur Bruder Friedrich bleibt ihr, aber auch er wird bald eine Familie gründen.

Am 10. November 1874 heiratet Fritz der in die Fußstapfen des Vaters tritt und auch Bauwerkmeister geworden ist, Anna Böckh (schreibweise alt Boeckh).

Margarete näht nun für Bekannte, Verwandte und Freunde. Ihre Nähkünste haben sich herum gesprochen, sie näht eine Aussteuer für Tusnelde Gross die Tochter des Stadtpfarrers.

1876 und 1878 werden ihre Neffen Paul, Richard und Franz geboren. 

1884 bis 1890 kommen noch Lina, Eva, Hugo, Otto, Marie (verh. Baumann) und Ernst dazu. Die Kinder ihres Bruders Fritz. Die Neffen und Nichten verbringen viel Zeit im "Filz-Versand-Geschäft" ihrer Tante Grete, so wachsen sie mit einer sich stetig vermehrenden Anzahl Filztieren auf. Jedes Jahr kommen weitere Tiere dazu. Tante "Gretele" nimmt sich viel Zeit für die Kinder die so ins Geschäft hineinwachsen.

1875 wird Emilie (verh. Wolf) die Tochter von Marie und Michael Häussler geboren. Im Alter von vier Jahren erkrankt diese an Hirnhautentzündung, nach ihrer Genesung ist sie auf einem Auge blind.

1878 Tante "Ursche" Ursula Hähnle stirbt.

1879 wird das 3. Kind von Schwester Marie tot geboren. Wenige Tage danach stirbt Marie im Wochenbett. Ein sehr schlimmer Schicksalsschlag für Margarete die gern ihr Leben für das von Marie gegeben hätte. Sie bedauert den beiden kleinen Kindern ihrer Schwester, die Mutter nicht ersetzen zu können.

1889 lernt Margarete Johanna Röck kennen, sie ist die Schwester von Fritz Röck, dem Mann ihrer Schwester Pauline. Die junge Schwägerin ist einige Jahre jünger als Margarete.

1890 zieht Johanna zu Margarete um ihr den Haushalt zu führen.



Mitarbeiter der Firma Steiff mit Margarete, Johanna, Eva (hinter Johanna stehend) und Lina (neben Johanna 2. von rechts)

Für die unverheiratete Johanna (vorne gegenüber von Margarete sitzend) ein Glücksfall, so hat sie eine Aufgabe die sie gern tut und ihr Lebensunterhalt ist gesichert.

Ledige Frauen standen zu jener Zeit am Rande der Gesellschaft und wurden nur wenig be- und noch viel weniger geachtet. Für Margarete ist es eine unendliche Erleichterung, hat sie doch mit der Freundin einen aufrichtigen Menschen gefunden für den die Hilfe kein Opfer ist.
Fern von den Familienbanden entsteht ein neues Freiheitsgefühl ohne das man jemandem zur Last fällt. Es entwickelt sich eine enge Freundschaft die mit dem Tod von Margarete Steiff jäh endet. Johanna versorgt im Laufe der Zeit nicht nur Margarete auch verschiedene Familienmitglieder der Großfamilie die hie und da im Haushalt wohnen.

1889 im Dezember stirbt Mutter Maria Margarete Steiff, nach einem Leben in harter Arbeit.

1892 Fritz Röck verstirbt und Pauline findet in die Firma eine neue Aufgabe

1894 im August stirbt der Vater Friedrich Steiff.

 

 
© 2006 - 2024 Copyrightvermerk: Wer Fotos oder Texte meiner Homepage ohne mein Wissen oder Erlaubnis für Veröffentlichungen nutzt oder nutzbar macht, mit ihnen Gewinne erzielt oder sich in irgend einer Form damit einen Vorteil oder Nutzen verschafft, wird ohne ansehen der Person bei den zuständigen Behörden angezeigt und muss mit strafrechtlichen Konsequenzen rechnen

Update 26. Januar 2024

Diese Webseite wurde kostenlos mit Homepage-Baukasten.de erstellt. Willst du auch eine eigene Webseite?
Gratis anmelden